III Dokmentation und Datensätze

Staatenwelten

Preußisch-Hessischer Zollverein (1828-1833)

 

Gebiet

Der Preußisch-Hessische Zollverein ist ein Zoll- und Handelsverbund, zu dem sich das Königreich Preußen und das Großherzogtum Hessen-Darmstadt per Vertrag vom 14. Februar 1828 und mit Wirkung zum 1. Juli 1828 zusammenschließen. In den Verbund integriert sind auch die jeweiligen Zoll-Anschlussgebiete der beiden Vertragspartner.
Das preußisch-hessische Zollvereinsgebiet liegt in Nord- und Mitteldeutschland und besteht aus zwei großen, getrennt voneinander liegenden Gebietsteilen. Die nördliche Grenze ist die Ostsee.
Der kleinere westliche Teil grenzt an das Königreich Hannover, das Herzogtum Braunschweig, die Fürstentümer Schaumburg-Lippe, Lippe-Detmold und Waldeck, das Kurfürstentum Hessen-Kassel, das Herzogtum Nassau, die bayerische Pfalz ( Rheinkreis), die Herrschaft Meisenheim (zu Hessen-Homburg), die Fürstentümer Lichtenberg (zum Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha) und Birkenfeld (zum Großherzogtum Oldenburg), das Königreich Frankreich, das Großherzogtum Luxemburg und das Königreich der Vereinigten Niederlande.
Der größere östliche Teil grenzt an die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, das Kaiserreich Russland, das Königreich Polen, die Freie Stadt Krakau, das Kaisertum Österreich, das Königreich Sachsen, die Herzogtümer Sachsen-Gotha-Altenburg und Sachsen-Weimar-Eisenach, das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen, das Kondominat Fürstentum Gera, Kurhessen, Hannover und Braunschweig. Mit dem Zollvereinsvertrag vom 22. März 1833 geht der Preußisch-Hessische Zollverein in den Deutschen Zollverein über.

 

Geographie/Topographie

Für den preußisch-hessischen Zollverein wird 1828 eine Fläche von 5.240 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 284.773 km². Mit Wirkung zum 1. Januar 1832 (Vertrag vom 25. August 1831) wird auch Hessen-Kassel, allerdings ohne die Exklaven Schaumburg und Schmalkalden, Mitglied des Vereins. Zusammen mit den zwischen 1828 und 1831 über das Preußische Zollsystem hinzugekommenen Teilgebieten Sachsen-Coburg und Gothas (Exklave Volkenroda und Fürstentum Lichtenberg), Hessen-Homburgs (Amt Meisenheim), Oldenburgs (Fürstentum Birkenfeld) und Waldecks vergrößert sich die Fläche auf 5466,75 Quadratmeilen bzw. 295.685 km² (GIS-Wert).
Der Großteil des Gebietes gehört dem norddeutschen Flachland an. An größeren Gebirgszügen liegen im östlichen Teil die Sudeten, im mittleren Teil der Harz und der Thüringer Wald und im westlichen Teil das Rheinische Schiefergebirge, der Vogelsberg, der Taunus und das Rothaargebirge. Höchste Erhebung ist die 1.603m hohe Schneekoppe im schlesischen Riesengebirge, dem höchsten Teil der Sudeten.
Der östliche Teil Preußens liegt mit einer Küstenlänge von 869km an der Ostsee, der westliche ist Binnenland. Die größte Insel ist Rügen. Zudem finden sich an der preußischen Ostseeküste mit Kurischem Haff, Frischem Haff und Pommerschem Haff drei Brackwasser-Seen, die vom Meer nur durch schmale Landstriche getrennt sind.
Die wichtigsten Flüsse sind Weser und Rhein im westlichen Teil sowie Main, Nahe und Neckar als Grenzflüsse zu den benachbarten Staaten. Weichsel, Memel, Oder und Elbe liegen im östlichen Teil. Das Klima ist insgesamt gemäßigt, in den Ostseegebieten feucht und veränderlich und in den Gebirgsgegenden etwas rauer.

 

Vorgeschichte/Aufbau und Struktur

Seitdem sich das Königreich Preußen mit dem Zollgesetz vom 16. Mai 1818 ein einheitliches Zollgebiet geschaffen hatte, suchte es, durch Anschlussverträge mit kleineren und mittleren Staaten des Deutschen Bundes sukzessive einen geschlossenen Wirtschaftsraum unter eigener Kontrolle zu errichten. Den ersten dieser so genannten Enklavenverträge schloss Preußen am 25. Oktober 1819 mit dem Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen für den von Preußen enklavierten Landesteil Sondershausen.
Nachdem das Großherzogtum Hessen-Darmstadt auf der 1820 bis 1823 tagenden Darmstädter Zollkonferenz mit dem Plan einer Zollunion der Mittelstaaten Hessen-Kassel, Nassau und Baden gescheitert war, und auch die Stuttgarter Zollkonferenzen mit Bayern, Württemberg und Baden 1825 zu keiner Einigung führten, öffnete es sich dem preußischen Werben unter Finanzminister Friedrich von Motz (1775-1830). Zum ersten Mal gelang es damit der preußischen Bundespolitik südlich der Mainlinie Fuß zu fassen und eine Brücke zwischen den beiden preußischen Landesteilen zu schlagen. Der Abschluss des Vertrags stellt zudem eine erste Verbindung zwischen dem preußischen Zollsystem und dem süddeutschen Raum her und bereitete auf diese Weise die Bildung des großen Deutschen Zollvereins vor.
Aus diesen langfristigen politischen Erwägungen heraus verzichtet Preußen im Vertrag zur Gründung des Preußisch-Hessischen Zollvereins vom 14. Februar 1828 auf jegliche Vorrechte gegenüber dem schwachen Partner und nimmt finanzielle Nachteile in Kauf.
Die hessen-darmstädtische Zollverwaltung wird nach preußischem Muster eingerichtet und die Hauptzollämter beider Staaten gegenseitiger Kontrolle unterstellt. Hessen-Darmstadt übernimmt die preußische Zollgesetzgebung, macht jedoch Zolländerungen von seiner Zustimmung abhängig. Die Zolleinnahmen werden nach dem Verhältnis der Bevölkerungszahlen in Hessen-Darmstadt und den preußischen Westprovinzen geteilt. Die Laufzeit des Vertrags ist bis zum 31. Dezember 1834 begrenzt. Mit der Gründung des Deutschen Zollvereins am 1. Januar 1834 wird sie vorzeitig beendet

 

Mitgliedschaft/Territoriale Entwicklung

Gründungsmitglieder des preußisch-hessischen Zollvereins sind das Großherzogtum Hessen-Darmstadt und das Königreich Preußen. Als Anschlussgebiete des preußischen Zollsystems gehören des Weiteren dazu die Schwarzburg-Sondershausener und die Schwarzburg-Rudolstädter Unterherrschaft, die Sachsen-Weimar-Eisenacher Exklaven Allstedt und Oldisleben, Anhalt-Bernburg, die Lippe-Detmolder Exklaven Cappel, Lipperode und Kempen-Grevenhagen sowie die Mecklenburg-Schweriner Exklaven Netzeband und Rossow.
Im Juli 1828 kommen Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen über das preußische Zollsystem hinzu. 1829 schließt sich Sachsen-Coburg und Gotha für die Exklave Volkenroda an. 1830 folgen das Hessen-Homburger Oberamt Meisenheim und das Sachsen-Coburg und Gothaer Fürstentum Lichtenberg sowie das Oldenburger Fürstentum Birkenfeld. Im August 1831 tritt Hessen-Kassel bei, wobei die kurhessischen Landesteile Schmalkalden und Schaumburg im Mitteldeutschen Handelsverein verbleiben und zum 1. Januar 1832 schließt sich das Fürstentum Waldeck für den Waldecker Landesteil an.
Mit dem Zollvereinsvertrag vom 22. März 1833 geht der Preußisch-Hessische Zollverein mit Wirkung zum 1. Januar 1834 im Deutschen Zollverein auf.

 

Bevölkerung und Wirtschaftspolitik

Für den Preußisch-Hessischen Zollverein wird 1828 eine Bevölkerungszahl von 13.295.254 angegeben. Bis 1834 steigert sich die Bevölkerungszahl inklusive der Zollanschlussgebiete auf 14.827.418 Einwohner.
Die Zollgrenzen zwischen Preußen und Hessen-Darmstadt werden aufgehoben. Ausgenommen von dieser Regelung sind Salz, Spielkarten, Branntwein, Bier Essig, Tabak und Wein. Der Zollertrag wird jährlich im Verhältnis der Bevölkerungszahl aufgeteilt. Vermittelt durch den süddeutschen Sonderbevollmächtigten, den Verleger Johann Friedrich Cotta (1764-1832), kommt am 27. Mai 1829 ein Vertrag mit dem Bayerisch-Württembergischen Zollverein zustande, der den Vertragspartnern gegenseitige Zollfreiheit für inländische Produkte gewährt und die schrittweise Anpassung des süddeutschen Zollsystems an das preußisch-hessische einleitet.

 

Verwendete Literatur