III Dokmentation und Datensätze

Staaten

Liechtenstein (1820-1865)

 

Staatsgebiet

Das Fürstentum Liechtenstein besteht aus den zusammenhängenden Landschaften Vaduz und Schellenberg. Es liegt im Süden des Bundesgebietes und ist der kleinste Staat des Deutschen Bundes, dem es bis zu dessen Auflösung 1866 angehört. Es grenzt im Westen an die Schweiz und im Osten an Österreich. Neben dem Fürstentum Liechtenstein hat das Haus Liechtenstein weitere Besitzungen in Österreich, Mähren, Schlesien, der Lausitz, Ungarn und der Steiermark. Hauptstadt und Regierungssitz des Landes ist Vaduz. Die fürstliche Residenz befindet sich ebenso wie die oberste Verwaltungsbehörde bis 1938 in Wien.

 

Geographie/Topographie

Für das Fürstentum Liechtenstein wird 1843 eine Fläche von 2,5 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 155km² (1820). Liechtenstein liegt in den Alpen, an den westlichen Ausläufern des Rätikon und ist zu zwei Dritteln gebirgig. Höchste Erhebung ist der Naafkopf mit 2.573m Höhe an der Südgrenze des Landes. An Flüssen durchziehen der Rhein als westlicher Grenzfluss und die Samina, ein Nebenfluss der Ill, das Land. Das Klima ist in den höheren Gebirgslagen kühl-gemäßigt, während in den Tälern milde Bedingungen vorherrschen.

 

Geschichte bis 1815/20

Der Name des Fürstentums Liechtenstein beruht auf dem gleichnamigen österreichischen Adelsgeschlecht. Um 1136 wurde mit Hugo von Liechtenstein erstmals ein Träger dieses Namens erwähnt, der sich nach der Burg Liechtenstein südlich von Wien benannte. Im Jahre 1608 wurden die Herren von Liechtenstein in den Fürstenstand erhoben. 1699 erwarb Fürst Johann Adam Andreas von Liechtenstein (1657-1712) die Grafschaft Schellenberg und 1712 die Grafschaft Vaduz. Im Jahre 1719 wurden Vaduz und Schellenberg von Kaiser Karl VI. (1685-1740) zum reichsunmittelbaren Fürstentum Liechtenstein erhoben, das 1723 Sitz und Stimme im Reichstag des Heiligen Römischen Reiches erhielt. 1806 wurde Liechtenstein souveränes Mitglied des Rheinbundes. 1813 schloss sich das Fürstentum der antinapoleonischen Koalition an und sicherte sich damit die staatliche Souveränität, die von Österreich, Russland und Preußen garantiert wurde.

 

Staats- und Regierungsform, Herrscherhaus

Das Fürstentum Liechtenstein ist eine Monarchie. Seit 1805 regiert Johann I. (reg. 1805-1836) aus dem Hause Liechtenstein das Fürstentum. Ihm folgen in direkter Linie Alois II. (reg. 1836-1858) und Johann II. (1858-1929). Im Jahre 1818 führt Johann I. gemäß der Vereinbarung in der Deutschen Bundesakte von 1815 eine landständische Verfassung ein. Nach dieser Verfassung verbleibt die uneingeschränkte Regierungsgewalt beim Fürsten. Der einmal pro Jahr einberufene Landtag besteht lediglich als Empfänger fürstlicher Anordnungen. Im Zuge der revolutionären Ereignisse 1848/49 wird zwar von einem gewählten Verfassungsrat eine liberale Verfassung ausgearbeitet, aber nie vollständig in Kraft gesetzt. Johann II. erlässt schließlich am 26. September 1862 eine konstitutionell-monarchische Verfassung. Der Fürst übt die gesetzgebende Gewalt nun unter Mitwirkung des Landtags aus. Dieser besteht aus 15 Mitgliedern, von denen drei vom Fürsten ernannt und zwölf durch indirekte Wahl für vier Jahre gewählt werden. Zur Wahlberechtigung und Wählbarkeit ist das vollendete 24. Lebensjahr erforderlich. Der Landtag wird vom Fürsten einmal jährlich in Vaduz einberufen.

 

Territoriale Aufteilung/Verwaltungsstruktur

Die oberste Verwaltungsbehörde für das Fürstentum ist die fürstliche Hofkanzlei in Wien, welche zugleich als Appellationsgericht fungiert. Höchste Gerichtsinstanz ist das österreichische Oberlandesgericht in Innsbruck. Unterhalb der Hofkanzlei ist als Landesbehörde für Verwaltung und Steuern die Regierung in Vaduz eingesetzt.

 

Bevölkerung

Nach der Bundesmatrikel von 1816 hat das Fürstentum Liechtenstein 5.546 Einwohner. Bis 1837 ist die Einwohnerzahl um 15% auf 6.351 und bis 1858 um weitere 14% auf 7.150 Einwohner angestiegen. Die Bevölkerung Liechtensteins lebt primär auf dem Land, größere Städte gibt es nicht. Im Jahre 1860 zählt die Hauptstadt Vaduz 700 Einwohner, 1866 hat sich die Einwohnerzahl um 34% auf 937 erhöht. Die Einwohner Liechtensteins sind katholischen Glaubens.

 

Wirtschaft

Bodennutzung und Landwirtschaft

Den Hauptwirtschaftszweig Liechtensteins bildet bis ins 20. Jahrhundert hinein die Landwirtschaft. Die wichtigsten Anbauprodukte sind Getreide, Flachs, Wein und Obst. Ein Schwerpunkt liegt in der Viehzucht und durch die großen Waldgebiete in der Forst- und Wildwirtschaft.

Bergbau

Bergbau wird im Fürstentum nicht betrieben.

Gewerbe und Industrie

Das Fürstentum Liechtenstein verfügt um die Mitte des 19. Jahrhunderts über keinerlei Industrie. Obgleich Gewerbefreiheit besteht, entwickeln sich Handwerk und Gewerbe nicht über den Eigenbedarf der einzelnen Ortschaften hinaus.

Handel

Der Zugang zu den ausländischen Märkten ist durch Zoll- und Handelsschranken verwehrt, und somit sind Liechtensteins Ausfuhrprodukte, vornehmlich Wein und Vieh, kaum konkurrenzfähig.

Währung, Maße, Gewichte

Münzen, Maße und Gewichte sind die Österreichischen.

 

Kultur und Bildung

Die Volksbildung Liechtensteins steckt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch in den Anfängen. 1805 wird zwar die Schulpflicht eingeführt, einziger Schultypus bleibt aber die Elementarschule, deren Lehrer nur mangelhaft ausgebildet sind. Auch in kultureller Hinsicht ist Liechtenstein nicht sehr weit entwickelt. Da es weder Städte mit dazugehörigem Bürgertum noch einen Fürstenhof im Lande gibt, fehlt es an kulturellen Zentren. Auch eine eigene Presse existiert im Fürstentum nicht.

 

Zugehörigkeit zu Staatengemeinschaften, Zollsystemen und Zollvereinen

Bei den Verhandlungen zur Gründung des Deutschen Bundesauf dem Wiener Kongress wird Liechtenstein von Vizekanzler Georg Walther Vincenz von Wiese (1769-1824) aus Gera vertreten. 1815 tritt das Fürstentum dem Deutschen Bund bei. Im Plenum der Bundesversammlung (Bundestag) führt es eine eigene Stimme, im "Engeren Rat" teilt es sich dagegen eine Stimme mit den Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Reuß-Greiz, Reuß-Schleiz, Reuß-Ebersdorf, Reuß-Lobenstein, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe, Waldeck und ab 1842 mit Hessen-Homburg. Von 1852 bis 1919 besteht eine Zollunion mit Österreich.

 

Territoriale Entwicklung ab 1866/Kulturerbe

Das Fürstentum Liechtenstein bleibt nach Auflösung des Deutschen Bundes 1866 als unabhängiger Staat bestehen. Nach Ende des Ersten Weltkrieges löst Liechtenstein 1919 die Zollunion mit Österreich auf. Seit 1920 wird das Fürstentum im Ausland diplomatisch und konsularisch von der Schweiz vertreten. Ein Jahr später folgen ein Post- und Zollvertrag, 1924 auch die Währungsunion mit der Schweiz. Im Jahre 1938 siedelt Fürst Franz Josef II. (1906-1989) von Wien nach Vaduz über und ist damit der erste Liechtensteiner Landesfürst, der im Land selbst seinen ständigen Wohnsitz nimmt.
Nach der im Wesentlichen bis heute gültigen Verfassung von 1921 ist Liechtenstein eine konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage. Erst 1984 wird das Frauenwahlrecht eingeführt.
Liechtenstein ist neben Luxemburg der einzige bis heute bestehende souveräne Staat des ehemaligen Deutschen Bundes und die letzte deutschsprachige Monarchie. Zum Jahresende 2003 hat Liechtenstein bei einer Fläche von 160km² 34.294 Einwohner. Der Geschichte des Fürstentums Liechtenstein widmet sich seit 1929 der "Historische Verein für das Fürstentum Liechtenstein". Neben der Unterstützung und Publikation historischer Forschungen richtet der Verein auch 1954 das "Liechtensteinische Landesmuseum" in Vaduz ein.
Die umfangreiche Kunstsammlung des Fürstenhauses, "Fürstliche Sammlungen" genannt, wird in Vaduz und seit 2004 auch im Palais Liechtenstein in Wien präsentiert.
Seit Ende der 1960er Jahre besteht ein Pachtvertrag zwischen dem Fürstenhaus und der Marktgemeinde Maria Enzersdorf über die Pflege und Bewirtschaftung der Burg Liechtenstein, die für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird und ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen darstellt.

 

Verwendete Literatur