III Dokmentation und Datensätze

Staaten

Hessen-Homburg (1820-1865)

 

Staatsgebiet

Die Landgrafschaft Hessen-Homburg, die sich selbst Landgraftum nennt, befindet sich in Mitteldeutschland und besteht aus zwei getrennt liegenden Landesteilen: der Herrschaft Homburg und der Herrschaft Meisenheim. Der Homburger Landesteil grenzt westlich an das Herzogtum Nassau und östlich an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Der Meisenheimer Landesteil ist von den Fürstentümern Lichtenberg (zum Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld) und Birkenfeld (zum Großherzogtum Oldenburg) sowie der bayerischen Pfalz ( Rheinkreis) und der preußischen Provinz Niederrhein umschlossen. Hauptstadt und Residenz der Landgrafschaft ist Homburg vor der Höhe, das sich ab 1912 Bad Homburg vor der Höhe nennt. Mit dem Tod des Landgrafen Ferdinand (1783-1866) am 24. März 1866 fällt die Landgrafschaft gemäß Erbvertrag an Hessen-Darmstadt und wird in Folge des Prager Friedens vom 23. August 1866 noch im selben Jahr an Preußen weitergegeben.

 

Geographie/Topographie

Für das Gebiet der Landgrafschaft Hessen-Homburg wird 1817 eine Fläche von 5 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 221km². Die Landgrafschaft besteht aus zwei geographisch getrennten Territorien, dem ursprünglichen Herrschaftsgebiet um die Stadt Homburg und der fast doppelt so großen Gebietserweiterung von 1816 um die Stadt Meisenheim am Glan. Der Homburger Landsteil liegt am Fuße des Taunus und ist sehr gebirgig. An der westlichen Spitze liegt der 880m hohe Große Feldberg. Der Meisenheimer Landesteil befindet sich an den Ausläufern des Hunsrück, an den Grenzen fließen die Nahe und der Glan. Das Klima ist verhältnismäßig mild, in den Gebirgsteilen etwas rauer.

 

Geschichte bis 1815/20

Die Burg Homburg am Taunus ist seit 1180 belegt; nach ihr benannten sich die Herren von Hohenberg und Steden. Nach wechselnden Herrschaften fiel es 1502 an die Landgrafen von Hessen, 1583 an die Linie Hessen-Darmstadt. Landgraf Friedrich I. (1585-1638), der jüngste Sohn des Herzogs Georg I. von Hessen-Darmstadt (1547-1596), wurde 1622 mit dem kleinen Amt Homburg im Taunus ausgestattet. Damit war Hessen-Homburg von 1622 bis 1806 Hessen-Darmstädtische Nebenlinie (Sekundogenitur). Friedrich I. erhielt Stadt und Amt Homburg vor der Höhe zwar mit "aller Hoch- und Obrigkeit", aber ohne landesherrliche Gewalt. Landesherr war weiterhin der Landgraf von Hessen-Darmstadt, auf den z. B. der Diensteid geleistet werden musste. Erst 1768 gelang es, durch einen Hausvertrag mit Hessen-Darmstadt eine Teilsouveränität zu erreichen.
Aus finanziellen Gründen war das Haus Hessen-Homburg vielfach zu fremden Kriegsdiensten gezwungen. So wurde Friedrich II. (1633-1708) als brandenburgischer Feldmarschall Vorbild zu Heinrich von Kleists (1777-1811) historischer Figur Prinz von Homburg. Von 1806 bis 1814 war Hessen-Homburg mediatisiert und Teil Hessen-Darmstadts. Mit Art. 48 der Wiener Bundesakte erhielt Landgraf Friedrich V. (1748-1820) 1815 sein Land zurück und gewann entsprechend der Entschädigungsklausel linksrheinisch den vormals französischen Kanton Meisenheim am Glan und vier Ortschaften des Kantons Grumbach hinzu.

 

Staats- und Regierungsform, Herrscherhaus

Die Landgrafschaft Hessen-Homburg ist eine Monarchie. Landgraf Friedrich V. (reg. 1766-1806 und 1815-1820) regiert unterstützt von einem geheimen Rat und einer Landesregierung mit beratender Funktion. Ihm folgen seine fünf Söhne Friedrich VI. (reg. 1820-1829), Ludwig II. (reg. 1829-1839), Philipp (reg. 1839-1846), Gustav (reg. 1846-1848) und Ferdinand (reg. 1848-1866). Eine ständische Vertretung existiert in Hessen-Homburg nicht. Infolge der Märzereignisse von 1848 bewilligt Landgraf Gustav die Einberufung eines verfassungsgebenden Landtags. Dieser tritt aber wegen des Todes des Landgrafen am 8. September 1848 erst unter dessen Nachfolger Ferdinand am 12. April 1849 zusammen. Das neue Staatsgrundgesetz wird zwar im Januar 1850 veröffentlicht, aber bereits im April 1852 wieder aufgehoben.
Mit dem Tod des kinderlosen Landgrafen Ferdinand am 24. März 1866 fällt die Landgrafschaft an Hessen-Darmstadt. Nach der Besetzung durch preußische Truppen ist ab dem 4. August 1866 ein Zivilkommissar u.a. für Hessen-Homburg zuständig; die homburgische Landesregierung setzt ihre Tätigkeit zunächst fort. Im Friedensvertrag zwischen Preußen und Hessen-Darmstadt vom 3. September 1866 erhält Preußen die bisherige Landgrafschaft Hessen-Homburg inklusive Meisenheim. Mit Gesetz vom 24. Dezember 1866 werden Hessen-Homburg und Meisenheim mit der preußischen Monarchie vereinigt.

 

Territoriale Aufteilung/Verwaltungsstruktur

Die Landgrafschaft Hessen-Homburg erhält 1817/18 seine Verwaltungsgliederung, die im Wesentlichen bis 1866 Bestand hat. Unterteilt wird die Landgrafschaft in das Amt Homburg und das Oberamt Meisenheim. Höchste Gerichtsinstanz ist das Ober-Appellationsgericht des Großherzogtums Hessen-Darmstadt in Darmstadt.

 

Bevölkerung

Nach der Bundesmatrikel von 1816 hat die Landgrafschaft Hessen-Homburg 20.000 Einwohner. 1864 ist die Einwohnerzahl um 37% auf 27.374 angestiegen. Ca. 24% der Bevölkerung leben in den Städten. Die Hauptstadt Homburg vor der Höhe hat 1843 rund 3.000 Einwohner. Die Mehrzahl der Bevölkerung ist reformierten oder lutherischen Glaubens, Katholiken leben vornehmlich im Meisenheimer Landesteil. Bei einer Einwohnerzahl von 24.921 Personen im Jahre 1852 sind 79% reformierten oder lutherischen Glaubens, 17% katholisch und 4% Juden.

 

Wirtschaft

Bodennutzung und Landwirtschaft

Die Haupterwerbsquellen beider Teile der Landgrafschaft Hessen-Homburg sind Ackerbau und Viehzucht. Grund und Boden sind aufgeteilt in Mittel- und Kleinbesitz, wie auch in Parzellen in Erbpacht. Großgrundbesitz gibt es nur bedingt in der Herrschaft Meisenheim. Im Meisenheimer Landesteil wird auch Wein angebaut.

Bergbau

In der Herrschaft Meisenheim gibt es Steinkohlebrüche und Quecksilberminen.

Gewerbe und Industrie

Industrielle Betriebe gibt es keine, dafür jedoch kleinere Manufakturen, wie etwa Textilweberei (Tuche und Flanell) und eine Zwiebackbäckerei in Friedrichsdorf. In Homburg und Dornholzhausen befinden sich Tuch- und Strumpfwebereien sowie eine Hutmanufaktur. In der Herrschaft Meisenheim werden eine Glashütte, vier Eisenhämmer und zwei Hochöfen betrieben. Mit der Entdeckung des Elisabethenbrunnens 1834 beginnt der Kurbetrieb. Das erste Kursaalgebäude und die erste Spielbank in Homburg werden 1841/42 durch die Gebrüder François Blanc (1806-1877) und Louis Blanc (1806-1852) errichtet, die später auch das Kasino in Monte Carlo übernehmen. Der Kur- und Spielbankbetrieb wird zur Haupterwerbs- und Einnahmequelle der Stadt Homburg vor der Höhe.

Handel

Handel treibt Hessen-Homburgs fast ausschließlich mit Frankfurt am Main.

Währung, Maße, Gewichte

Münzen und Rechnungsart entsprechen den in Hessen-Darmstadt üblichen. Für die Herrschaft Homburg gelten an Maßen und Gewichten Frankfurter Fuß und Elle und das Frankfurter Leichtgewicht. In der Herrschaft Meisenheim werden Darmstädter Elle und Morgen ebenso wie die Darmstädter Gewichtseinheiten zugrundegelegt.

 

Verkehr

Eisenbahnen

1859 geht die von den Gebrüdern Blanc finanzierte Bahnverbindung mit Frankfurt am Main in Betrieb.

 

Kultur und Bildung

1831 wird in der Stadt Homburg eine "Allgemeine Bürgerschule" nach nassauischem Vorbild eröffnet. Die aus Elementar- und Mittelstufe zusammengesetzte überkonfessionelle "Simultanschule" entsteht aus der Zusammenlegung der bereits bestehenden konfessionellen Lehranstalten lutherisch-evangelischer und deutsch-reformierter Ausrichtung sowie ab 1837 der jüdischen Schule. In Meisenheim sind von den Gemeinden getragene Volksschulen eingerichtet sowie eine Lateinschule, die aus landgräflichen Mitteln finanziert wird.<7p>

 

Zugehörigkeit zu Staatengemeinschaften, Zollsystemen und Zollvereinen

Hessen-Homburg tritt am 7. Juli 1817 nachträglich dem Deutschen Bund bei. Da es aber "keine Lust bezeigte", unter den Teilhabern der 16. Kurie den letzten Platz vor den freien Reichsstädten einzunehmen, und weiterhin seine Forderung nach eigener Virilstimme und einem Platz unter den Bundesfürsten stellt, manövriert es sich selbst für 25 Jahre ins politische Aus. Erst unter der Regierung Landgraf Philipps (1779-1846) erhält die Landgrafschaft das Stimmrecht. Die deutsche Bundesversammlung (Bundestag) deklariert am 17. Mai 1838 das Stimmverhältnis der Landgrafschaft mit einer Stimme im Plenum. Außerdem darf es sich nun dem "Engeren Rat" der in der 16. Gesamtstimme vereinigten Fürsten anschließen. Nachdem auch eine klärende Vereinbarung über die Rangfolge innerhalb der 16. Kurie erzielt ist, wird Hessen-Homburg im Protokoll des Bundestages vom 9. September 1842 neben Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Reuß-Greiz, Reuß-Schleiz, Reuß-Lobenstein und Ebersdorf, Liechtenstein, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe und Waldeck in der Liste der Staaten des Deutschen Bundes geführt.
Im Jahre 1828 tritt Hessen-Homburg dem Mitteldeutschen Handelsverein bei.
Für das Amt Meisenheim schließt sich die Landgrafschaft 1830 dem preußischen Zollsystem und damit auch dem Preußisch-Hessischen Zollverein sowie 1834 dem Deutschen Zollverein an. Für das Amt Homburg erfolgt 1836 der Anschluss an das Hessische Zollsystem und damit ebenfalls an den Deutschen Zollverein.

 

Territoriale Entwicklung ab 1866/Kulturerbe

Zum 12. Januar 1867 geht das Oberamt Meisenheim an den Regierungsbezirk Koblenz der preußischen Rheinprovinz. Mit Verordnung vom 22. Februar 1867 wird das Amt Homburg mit Rödelheim und dem Anteil an Niederursel dem neugebildeten Regierungsbezirk Wiesbaden der späteren preußischen Provinz Hessen-Nassau angegliedert.
Heute ist Bad Homburg Kreisstadt des Hochtaunuskreises im Bundesland Hessen mit einer Fläche von 51,17 km² und 52.513 Einwohnern. Bad Homburg vor der Höhe ist bis heute Kurort und Casinostandort geblieben. Das ehemals landgräfliche Schloss, das 1888 von Kaiser Wilhelm II. zu seiner Sommerresidenz erklärt wurde, beherbergt heute Kunstschätze des 17. bis 19. Jahrhunderts, die im Schlossmuseum präsentiert werden. Die Saalburg, eines der besterhaltenen Limeskastelle Deutschlands, wird ebenfalls museal genutzt.

 

Verwendete Literatur