III Dokumentation und Datensätze

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Regierungsbezirke

 

Regierungsbezirk Stralsund (1866-1914)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Die preußische "Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815" sah zunächst vor, das 1815 von Schweden abgetretene Gebiet Neuvorpommern dem Regierungsbezirk Stettin anzugliedern. Erst am 5. Januar 1818 wird ein eigener Regierungsbezirk Stralsund als Mittelbehörde der Provinz Pommern gebildet, dessen Regierungssitz sich in Stralsund befindet. Im Norden und Osten grenzt der Regierungsbezirk an die Ostsee, im Süden an den ebenfalls zu Pommern gehörenden Regierungsbezirk Stettin und im Westen an die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz.

Zum Regierungsbezirk gehören zudem die Ostsee-Inseln Zingst, Hiddensee, Ummanz, Rügen, Vilm, Ruden und Greifswalder Oie. 1820 ist der Regierungsbezirk in die Kreise Franzburg, Greifswald, Grimmen und Rügen untergliedert. Ab 1874 bildet Stralsund, und ab 1913 Greifswald einen eigenen Stadtkreis.

Für den Regierungsbezirk Stralsund wird 1821 eine Fläche von 80 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 3.991km² für das Jahr 1820. Das Land des Regierungsbezirks bildet eine weitgehend fruchtbare Ebene. Nur auf der Insel Rügen finden sich kleine Berge. Die wichtigsten Flüsse sind Peene, Trebel, Recknitz und Barthe. Die bedeutendsten Landseen sind Franzburger See, Borgwall und Bläksee.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Jahr 1820 liegt die Einwohnerzahl des Regierungsbezirks Stralsund bei 135.642. Bis 1850 nimmt sie um 40% auf 189.669 zu, bis 1905 steigert sie sich nur noch um 16% auf 220.449.

In der Landwirtschaft blühen Garten- und Obstbau. Fischfang wird in großem Umfang betrieben, zudem werden Weizen, Roggen und Kartoffeln angebaut. An Bodenschätzen verfügt der Regierungsbezirk vor allem über Kreide. Die Rügener und Grimmener Kreide wird zu Schwemmkreide verarbeitet oder zur Zementfabrikation verwendet. Die ursprünglich sehr bedeutende Salzquelle in Greifswald wird nur noch für Solbäder genutzt. Der Regierungsbezirk ist nicht sehr industrialisiert. Überregionale Bedeutung haben die "Vereinigten Stralsunder Spielkartenfabriken" mit einer Jahresproduktion von 2,5 Millionen Spielkarten um 1900. Neben der Landwirtschaft leben die Einwohner vor allem vom Handel. Wichtige Handelsstädte sind Stralsund, Greifswald und Wolgast sowie Binz und Saßnitz auf der Insel Rügen.

Parallel zur Ostseeküste führt eine Chausseestrecke, welche die Hafenstädte Stralsund, Greifswald und Wolgast mit der Provinzhauptstadt Stettin und über das in Mecklenburg-Strelitz gelegene Neubrandenburg mit Berlin verbindet. 1863 erhalten die Städte Stralsund, Greifswald, Züssow und Wolgast über das im Regierungsbezirk Stettin gelegene Pasewalk auch Eisenbahnanschluss an Berlin. 1880 ist Stralsund über Neubrandenburg direkt an die Verbindungsstrecke nach Lübeck und Hamburg angebunden und verfügt über einen schnelleren Anschluss nach Berlin. Einzige schiffbare Binnenwasserstraße ist die Peene, welche die südliche Regierungsbezirksgrenze bildet. Wichtige Seehäfen sind Stralsund, Greifswald, Saßnitz und Wolgast.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Geistiges Zentrum des Regierungsbezirks ist die Universitätsstadt Greifswald, kulturelles Zentrum die Hauptstadt Stralsund. Über die private "Aktiengesellschaft zur Gründung eines Schauspielhauses" wird der Bau eines neuen Stadttheaters in Stralsund finanziert, das 1834 mit einem Lustspiel feierlich eröffnet wird. Das Kulturhistorische Museum in Stralsund wird 1858 als "Provinzialmuseum für Neuvorpommern und Rügen" gegründet und basiert im Wesentlichen auf den Sammlungen zu Literatur, Kunst und Wissenschaft, die der ehemalige schwedischen Generalgouverneur Axel von Löwen (1686-1772) der Stadt Stralsund testamentarisch vermacht hatte. Auch der zwischen 1872 und 1874 entdeckte "Hiddenseer Goldschmuck", Kunsthandwerk der Wikinger aus dem 10. Jahrhundert, wird im Provinzialmuseum präsentiert. Der Maler Caspar David Friedrich (1774-1840) verewigt die Insel Rügen und seine Geburtsstadt Greifswald in seiner Landschaftsmalerei. Mit der Kulturlandschaft der Insel Rügen beschäftigt sich seit 1900 der "Rügisch-Pommersche Geschichtsverein".

Mit Wirkung zum 1. Oktober 1932 wird der Regierungsbezirk Stralsund aufgelöst. Die ihm zugeordneten Kreise gehen an den Regierungsbezirk Stettin über.

Das Kulturhistorische Museum in Stralsund ist heute zum Großteil im Katharinenkloster untergebracht und beherbergt neben dem Hiddenseer Goldschatz als Hauptattraktion Sammlungen zur Stadtgeschichte, zur Kulturgeschichte Vorpommerns und zur Bildenden Kunst mit einem Schwerpunkt auf Schaffen des Malers Caspar David Friedrich. Die Altstadt der Hansestadt Stralsund wird im Jahre 2002 gemeinsam mit der Altstadt Wismars in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. Die Universität Greifswald wird 1933 nach dem auf Rügen geborenen Historiker Ernst Moritz Arndt (1769-1860) benannt, der von 1800 bis 1811 an der Universität lehrte. Seit Juni 2000 fördert das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Forschung und Wissenschaft an der Greifswalder Universität.

 

Verwendete Literatur