III Dokumentation und Datensätze

Multimedia-Texte

Regierungsbezirke

 

Regierungsbezirk Potsdam (1820-1914)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Der preußische Regierungsbezirk Potsdam wird auf der Grundlage der "Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815" als Mittelbehörde der Provinz Brandenburg gegründet, Regierungssitz ist Potsdam. Im Norden grenzt der Regierungsbezirk an die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Im Osten schließen sich der zur preußischen Provinz Pommern gehörende Regierungsbezirk Stettin und der ebenfalls zur Provinz Brandenburg gehörende Regierungsbezirk Frankfurt/Oder an. Im Süden befindet sich der zur preußischen Provinz Sachsen gehörende Regierungsbezirk Merseburg, und im Westen liegen Gebietsteile der Herzogtümer Anhalt-Bernburg und Anhalt-Dessau, der zur Provinz Sachsen gehörende Regierungsbezirk Magdeburg sowie das Königreich Hannover. Die Exklave Klein Menow liegt in Mecklenburg-Strelitz. Innerhalb des Regierungsbezirks befinden sich die Mecklenburg-Schweriner Enklaven Rossow und Netzeband.

1820 ist der Regierungsbezirk in die Kreise Niederbarnim, Oberbarnim, Teltow-Storkow, Zauch-Belzig, Jüterbog-Luckenwalde, Oberhaveland, Westhavelland, Ruppin, Ostpriegnitz, Westpriegnitz, Prenzlau, Templin, Angermünde, Beeskow-Storkow sowie den Stadtkreis Potsdam untergliedert. Nach Auflösung des Regierungsbezirks Berlin zum 1. Januar 1822 behält Berlin bis 1875 einen den Kreisen gleichgestellten Status innerhalb des Regierungsbezirks Potsdam bei. Beginnend mit Charlottenburg 1876 werden zudem folgende Stadtkreise eingerichtet: 1881 Brandenburg, 1887 Spandau, 1899 Schöneberg und Rixdorf, 1907 Deutsch-Wilmersdorf, 1908 Lichtenberg sowie 1911 Eberswalde.

Für den Regierungsbezirk Potsdam wird 1821 eine Fläche von 372 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 20.214km² für das Jahr 1820. Das Land des Regierungsbezirks bildet eine nur von geringen Höhen unterbrochene Ebene mit sandigem, leichtem Boden und einzelnen, sehr fruchtbaren Gegenden besonders in den Flusstälern. Hauptflüsse sind Oder, Elbe, Havel und Spree.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Jahr 1820 liegt die Einwohnerzahl des Regierungsbezirks Potsdam ohne Berlin, das einen eigenen Regierungsbezirk bildet, bei 554.296. Bis 1850 nimmt sie um 54% auf 853.668 zu und liegt 1905 mit über 2 Millionen Einwohnern viermal so hoch wie 1820.

Im Ackerbau sind die Uckermark mit den Kreisen Prenzlau, Templin und Angermünde sowie der westliche Teil des Oderbruchs am fruchtbarsten. Hier werden Gerste, Weizen, Kartoffeln und Zuckerrüben angebaut. Unter den Kohlarten erfreuen sich die nach Teltow benannten "Teltower Rübchen" großer Berühmtheit. Im 18. und 19. Jahrhundert sind sie eine beliebte Delikatesse. Tabak wird erfolgreich bei Schwedt und Vierraden angebaut. Südlich von Wriezen gibt es Braunkohlenlager, die aber nicht so üppig ausfallen wie im Regierungsbezirk Frankfurt/Oder. Die höchste Förderquote wird 1896 mit 299.660t erreicht. Die wichtigsten Industrieorte sind Potsdam, Spandau, Brandenburg, Rathenow, Oranienburg, Eberswalde, Prenzlau, Luckenwalde und Jüterbog. Johann Heinrich August Duncker (1767-1843) begründet in Rathenow mit der "Königlich Priviligierten Optischen Industrie-Anstalt" die Brillenindustrie. Bis heute trägt die Stadt den Ehrennamen "Stadt der Optik". In Heegermühle bei Eberswalde befindet sich das größte Messingwerk des Deutschen Reichs. Zentrum der Textilindustrie ist Luckenwalde. Im Textilgewerbe liegt der Schwerpunkt in der Leineweberei. 1849 sind in der gewerbsmäßigen Leineweberei 3.399 und im Nebenerwerb 5.544 Webstühle im Einsatz.

Bedingt durch die Nähe zur preußischen und späteren Reichshauptstadt Berlin verfügt der Regierungsbezirk Potsdam über ein umfassendes Chaussee-, und ab der Jahrhundertmitte auch über ein ausgedehntes Eisenbahnnetz. 1838 wird die Bahnstrecke Berlin-Potsdam eröffnet - neben der Strecke Düsseldorf-Erkrath im Regierungsbezirk Düsseldorf - die erste Eisenbahnverbindung des Königreichs Preußen eröffnet. Es folgen 1841 Jüterbog, 1842 Angermünde sowie die Verbindung nach Frankfurt/Oder und 1846 Wittenberge. Schiffbare Wasserstraßen sind die Flüsse Oder, Elbe, Havel und Spree sowie vor allem der nördlich von Berlin verlaufende Finowkanal. Eine Verbindung zwischen Oder und Spree stellt der Friedrich-Wilhelm bzw. Oder-Spree-Kanal dar, die Fahrtzeit zwischen Havel und Elbe wird durch den Plauer Kanal verkürzt.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Kulturelles Zentrum des Regierungsbezirks ist die Residenzstadt Potsdam. Seit 1795 besteht dort das Schauspielhaus, das 1796 um einen Konzertsaal und 1797 um ein Schauspielerwohnhaus ergänzt wurde. An höheren Bildungseinrichtungen gibt es die 1819 eingerichtete Landwirtschaftsakademie in Möglin bei Wriezen und die 1830 gebildete Forstakademie in Eberswalde. Unter Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) wird das Mitte des 18. Jahrhunderts nach Plänen Friedrich II. von Preußen erbaute Rokoko-Schloss Sanssouci als Sommerresidenz umgebaut und erweitert. Die Gestaltung des Parks geht auf den preußischen Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné (1789-1866) zurück. Der Bildhauer Max Wiese (1846-1925) stellt 1907 das Denkmal für den Schriftsteller und gebürtigen Neuruppiner Theodor Fontane (1819-1898) fertig.

Per Gesetz vom 27. April 1920 werden die Städte Charlottenburg, Lichtenberg, Köpenick, Neukölln, Schöneberg, Spandau und Wilmersdorf sowie 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke an die Stadt Berlin abgetreten. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird das Gebiet des Regierungsbezirks Potsdam in das neugebildete Land Brandenburg integriert und die Stadt Potsdam dessen Hauptstadt. Nach Auflösung des Landes Brandenburg 1952 wird Potsdam Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks der Deutschen Demokratischen Republik. Mit dem Beitritt der Länder der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland entsteht das Land Brandenburg mit der Hauptstadt Potsdam wieder neu.

Im Jahre 1990 werden Schloss und Park Sanssouci und Cecilienhof in Potsdam, Schloss Babelsberg, Schloss und Park Sacrow mit der Heilandskirche sowie zahlreiche weitere Bereiche in Potsdam, wie zum Beispiel der Pfingstberg, Schloss Lindstedt, die Russische Kolonie Alexandrowka und das Dorf Bornstedt in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. Nachdem das Land Brandenburg vertreten durch den Ministerpräsidenten Manfred Stolpe eine feierliche Erklärung zur Übernahme der Sarkophage Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II. unterzeichnet hat, erfolgt am 17. August 1991, dem 205. Todestag Friedrichs II., seinem testamentarischen Wunsch entsprechend die Beisetzung seines Sarkophags bei Nacht in der unter seiner Aufsicht angelegten Gruft auf der obersten Weinbergterrasse des Schlossparks Sanssouci.

 

Verwendete Literatur