III Dokumentation und Datensätze

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Regierungsbezirke

 

Regierungsbezirk Hannover (1866-1914)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Der preußische Regierungsbezirk Hannover ist eine Mittelbehörde der Provinz Hannover und entspricht von der Größe und Verwaltungsgliederung her der Landdrostei Hannover des 1866 annektierten Königreichs Hannover. Bis 1885 wird auch die Bezeichnung Landdrostei für den Regierungsbezirk beibehalten. Regierungssitz ist die Stadt Hannover. Im Norden grenzt der Regierungsbezirk an das Großherzogtum Oldenburg, die Freie Stadt Bremen sowie den ebenfalls zur Provinz Hannover gehörenden Regierungsbezirk Stade. Im Osten schließen sich die ebenfalls zur Provinz Hannover gehörenden Regierungsbezirke Lüneburg und Hildesheim an. Im Süden befinden sich das Herzogtum Braunschweig, der Pyrmonter Landesteil des Fürstentums Waldeck, die zum Regierungsbezirk Kassel gehörende Enklave Schaumburg, die Fürstentümer Lippe-Detmold und Schaumburg-Lippe sowie der zur Provinz Westfalen gehörende Regierungsbezirk Minden. Im Westen liegen der ebenfalls zur Provinz Hannover gehörende Regierungsbezirk Osnabrück und das Großherzogtum Oldenburg. Zum Regierungsbezirk Hannover gehören zudem die innerhalb des Herzogtums Braunschweig befindliche Exklave Bodenwerder und das von Braunschweig, Lippe-Detmold, Pyrmont und der preußischen Provinz Westfalen umgebene Gebiet Polle.

Der Regierungsbezirk gliedert sich Ende 1867 in die Kreise Diepholz, Hoya, Nienburg, Hannover-Stadt, Hannover-Land, Wennigsen und Hameln. Die im Königreich Hannover bestehende Ämtergliederung wird zunächst ebenfalls beibehalten. Mit Wirkung vom 1. April 1885 wird die bisherige Landdrostei Hannover als Regierungsbezirk neugebildet und in die Kreise Diepholz, Hameln, Hannover-Stadt, Hannover-Land, Hoya, Linden-Stadt, Linden-Land, Neustadt am Rübenberge, Nienburg, Springe, Stolzenau, Sulingen und Syke untergliedert.

Für den Regierungsbezirk Hannover wird 1867 eine Fläche von 109 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 6.409km². Das Gebiet des Regierungsbezirk ist weitgehend flach und hat nur im Süden mit dem Deistergebirge einige Höhen. Heide-, Moor- und Sandboden sind vorherrschend. Die wichtigsten Flüsse sind Weser, Aller, Hunte und Leine. Größere Binnenseen sind der Dümmersee an der Grenze zu Oldenburg und das an Schaumburg-Lippe angrenzende Steinhuder Meer.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Gründungsjahr 1867 liegt die Einwohnerzahl des Regierungsbezirks Hannover bei 385.957. Bis 1905 hat sie sich um 80% auf 694.779 erhöht.

In der Landwirtschaft überwiegen Getreide-, Kartoffel- und Zuckerrübenanbau. Steinkohlen finden sich im gebirgigen Süden am Deister und im Osterwald. Die Steinkohlenförderung liegt 1867 bei 224.590t und verdoppelt sich auf 554.726t im Jahre 1907. 1910 werden 20.621t Eisenerz gefördert. Die Stadt und der Regierungsbezirk Hannover entwickeln sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum unbestrittenen Wirtschafts- und Verkehrszentrum der Provinz Hannover. Als Kreuzungspunkt der wichtigsten mitteleuropäischen Verkehrsverbindungen ist Hannover zudem als Standort für Industrieansiedlungen besonders geeignet. In Hannover und Linden bei Hannover befinden sich große Baumwollspinnereien und Webereien, Tabak- und Zigarrenfabrikation sowie große Eisengießereien und Maschinenfabriken wie die seit 1835 bestehende Hannoversche Maschinenbau AG Hanomag. Als zweiter Industriestandort des Regierungsbezirks verfügt Hameln über Bleicherei, Tuchfabrikation und Wollweberei sowie Eisengießereien und Maschinenfabriken. Hauptort der Handelstätigkeit ist Hannover.

Hinsichtlich der Chaussee- und Eisenbahnstrecken ist Hannover ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt sowohl in der Nord-Südrichtung von Hamburg und Bremen nach Süddeutschland als auch in der West-Ost-Verbindung vom Ruhrgebiet nach Berlin. Schiffbare Wasserstraßen sind Weser, Aller und Leine mit den Häfen Linden bei Hannover und Hameln.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Geistiges und kulturelles Zentrum des Regierungsbezirks ist die seit 1890 offiziell als königliche Haupt- und Residenzstadt bezeichnete Stadt Hannover mit der Technischen Hochschule im Welfenschloss, dem Provinzial- und Kunstmuseum sowie umfangreichen Bibliotheken. Im ehemaligen Wohnhaus des Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), das 1866 Eigentum des preußischen Staates wird, ist seit 1893 das Museum des Kunstgewerbevereins untergebracht. An modernen Bauwerken kommen das 1901-1913 erbaute Rathaus im eklektizistischen Stil sowie die von dem Architekten Paul Bonatz (1877-1956) von 1911 bis 1914 errichtete Stadthalle hinzu. Das neue Rathaus wird von den Architekten Hermann Eggert (1844-1920) und Gustav Halmhuber (1862-1936) auf über 6.000 Buchenpfählen errichtet und ist bis heute für seinen innerhalb Europas einmaligen bogenförmigen Aufzug zur Kuppel berühmt.

Gemäß der Volksabstimmung vom 29. November 1921 wird 1922 der Pyrmonter Landesteil des ehemaligen Fürstentums Waldeck in den Regierungsbezirk Hannover integriert und mit dem Kreis Hameln zum "Landkreis Hameln-Pyrmont" vereinigt. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1932 wird der Kreis Grafschaft Schaumburg (bis 1905 Kreis Rinteln) des Regierungsbezirks Kassel als "Kreis Grafschaft Schaumburg" angeschlossen.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird der Regierungsbezirk Hannover, wie die anderen Regierungsbezirke der Provinz Hannover gemeinsam mit Oldenburg, Braunschweig und Schaumburg-Lippe, in das neugebildete Land Niedersachsen eingegliedert. Hannover wird Hauptstadt des späteren Bundeslandes Niedersachsen.
Im Zuge der Verwaltungsreform von 1978 wird der Regierungsbezirk Hannover um Teile des aufgelösten Regierungsbezirks Hildesheim erweitert. Am 31. Dezember 2004 wird der Regierungsbezirk Hannover - wie auch die anderen drei niedersächsischen Regierungsbezirke - aufgelöst. Die Stadt Hannover bildet seit 2001 zusammen mit dem Landkreis Hannover die "Region Hannover" als Kommunalverband besonderer Art.

Das in einem Rest der alten Stadtbefestigung untergebrachte Historische Museum der Stadt Hannover präsentiert stadt- und landesgeschichtliche sowie volkskundliche Sammlungen der Region Hannover. Das Leibnizhaus verfügt über Bestände des Leibniz-Nachlasses und bietet einen Überblick über Werk, Leben und Leistung des Philosophen, der von 1676 bis zu seinem Tod 1716 als Hofrat und Hofbibliothekar in Hannover gelebt und gearbeitet hat.

 

Verwendete Literatur