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Landdrostei Hildesheim (1823-1865)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Die Landdrostei Hildesheim wird auf Grundlage der Landdrostei-Ordnung vom 18. April 1823 aus Teilen der bisherigen Provinzialregierung Hannover als Mittelbehörde des Königreichs Hannover gebildet. Die durch braunschweigisches Gebiet sowie die Berghauptmannschaft Clausthal in zwei Teile geteilte Landdrostei grenzt im Norden an die ebenfalls zu Hannover gehörende Landdrostei Lüneburg. Im Osten befinden sich das Herzogtum Braunschweig und der zur preußischen Provinz Sachsen gehörende Regierungsbezirk Magdeburg. Im Süden liegen der preußische Regierungsbezirk Erfurt und das Kurfürstentum Hessen-Kassel. Im Westen schließen sich der preußische Regierungsbezirk Minden, die Landdrostei Hannover sowie Landesteile des Herzogtums Braunschweig an. Zur Landdrostei gehören zudem die exklavierten Gebiete Grafschaft Hohnstein und Amt Elbingerode, die östlich der Berghauptmannschaft Clausthal im Harz liegen. Innerhalb der Landdrostei befinden sich die Braunschweiger Enklaven Ölsburg, Bodenburg und Ostharingen.

Die Landdrostei Hildesheim ist 1823 für die Verwaltung der Fürstentümer Hildesheim, Göttingen und Grubenhagen sowie die Grafschaft Hohnstein zuständig. Das Fürstentum Hildesheim gliedert sich in die Ämter Bilderlahe, Gronau, Hildesheim, Liebenburg, Marienburg, Peine, Poppenburg, Ruthe, Schladen, Steinbrück, Steuerwald, Vienenburg, Winzenburg und Wohldenberg sowie die amtsfreien Städte Alfeld, Bockenem, Goslar, Hildesheim und Peine. Das Fürstentum Göttingen ist in die Ämter Bovenden, Brackenberg, Brunstein, Erichsburg, Friedland, Moringen-Hardegsen, Münden, Neuengleichen, Nienover und Lauenförde, Reinhausen-Niedeck, Uslar, Westerhof und Leineberg sowie die amtsfreien Städte Dransfeld, Göttingen, Hardegsen, Moringen, Münden, Northeim und Uslar untergliedert.
Das Fürstentum Grubenhagen besteht aus den Ämtern Catlenburg, Duderstadt, Elbingerode, Gieboldehausen, Herzberg, Lindau, Osterode, Radolfshausen, Rotenkirchen, Salzderhelden und Scharzfels sowie den amtsfreien Städten Duderstadt, Einbeck und Osterode.
Die Grafschaft Hohnstein gliedert sich in das Stiftsamt Ilfeld, den Bezirk der Hohnsteinschen Kanzlei zu Neustadt unterm Hohnstein und das Gräflich Stolberg-Wernigerödische Forstamt Sophienhof. Nach zahlreichen Änderungen in der Ämterstruktur bleiben bestehen nach einer grundlegenden Verwaltungsreform im Jahre 1859 bis zur Annexion durch Preußen 1866 die selbständigen Städte Goslar, Hildesheim, Peine, Göttingen, Moringen, Münden, Northeim, Duderstadt, Einbeck und Osterode sowie die Ämter Alfeld, Bockenem, Gieboldehausen, Göttingen, Gronau, Herzberg, Hildesheim, Hohnstein, Liebenburg, Marienburg, Münden, Northeim, Osterode, Peine, Reinhausen, Uslar und Wöltingerode.

Für die Landdrostei Hildesheim wird eine Fläche 81 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 4.716km² für das Jahr 1823. Die Landdrostei ist mit Ausläufern des Wesergebirges, Deister, kleinem und großem Solling sowie dem Harz sehr gebirgig. Mit der so genannten Goldenen Aue befindet sich eine sehr fruchtbare Ebene bei Hohnstein. Die wichtigsten Flüsse sind Leine, Werra, Fulda und Weser.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Gründungsjahr 1823 liegt die Einwohnerzahl der Landdrostei Hildesheim bei 316.343. Bis 1964 hat sie sich um 10% auf 347.777 erhöht.

Haupterwerbszweige der Landdrostei sind Landwirtschaft und zunehmend der Bergbau. Im Ackerbau werden alle Getreidearten sowie Bohnen, Erbsen, Linsen, Kartoffeln, Rüben, Kohl, Flachs und Hopfen angebaut. Der Viehbestand beläuft sich um 1812 auf 14.272 Pferde, 29.969 Rinder, 106.637 Schafe, 3902 Ziegen und 14.186 Schweine. Im Harz finden sich neben Braunkohle Silber-, Blei-, Eisen- und Kupfererze. Die Braunkohlenförderung liegt 1850 bei 489t, 1865 mit 6.095t dann mehr als zwölf Mal so hoch. Die Förderquote für Eisenerz beläuft sich 1850 auf 11.340t und steigert sich auf 68.130t im Jahre 1864. Die Steinkohlenförderung liegt 1850 bei 1.871t und erreicht 1862 mit 14.414t einen Höchstwert. Im Harz befinden sich auch die Hochöfen zur Bereitung des Roheisens. Die Roheisenverarbeitung liegt 1850 bei 5.477t, mit 27.194t im Jahre 1865 dann fünf Mal so hoch. Leineweberei und Garnspinnerei werden vornehmlich im Nebenerwerb betrieben. An nennenswerten Manufakturen und Fabriken gibt es um 1820 drei Glashütten, vier Papiermühlen, drei Tabakfabriken, 75 Öl- und zwölf Sägemühlen. Die Bierbrauereien erreichen noch nicht ihre spätere Qualität.

Das Chausseenetz geht 1848 im nördlichen Landesteil von Hildesheim, im südlichen von Göttingen aus und verbindet die Landdrostei mit den Hauptstädten Kassel, Hannover und Braunschweig. Als erste Stadt der Landdrostei erhält 1843 Peine Bahnanschluss an Hannover und 1844 an Braunschweig. Hildesheim ist 1846, Göttingen 1854 und Goslar 1866 angeschlossen. Schiffbare Wasserstraßen sind Weser, Werra und Fulda mit dem Haupthafen Münden an Werra und Weser.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1866/Kulturerbe

Die 1737 gegründete Georg-August-Universität in Göttingen ist ein Zentrum des wissenschaftlichen und geistigen Lebens des Königreichs Hannover. Der an der Universität lehrende Staatsrechtler und Historiker Friedrich Christoph Dahlmann (1785-1860) ist maßgeblich an der Ausarbeitung des Staatsgrundgesetzes von 1833 beteiligt, wird aber wie die Gebrüder Grimm 1837 nach dem öffentlichen Protest der "Göttinger Sieben" gegen die Aufhebung des Staatsgrundgesetzes des Landes verwiesen. 1845 eröffnet der ein Jahr zuvor gegründete "Verein für Kunde der Natur und der Kunst im Fürstenthume Hildesheim und in der Stadt Goslar" ein eigenes Museum in Hildesheim.

Im Jahr 1866 wird die Landdrostei Hildesheim als Landesteil des Königreichs Hannover von Preußen annektiert. Die Landdrostei geht im preußischen Regierungsbezirk Hildesheim auf, wobei die Bezeichnung Landdrostei ebenso wie die Ämterstruktur bis 1885 erhalten bleibt.

1894 werden die seit 1844 vom "Verein für Kunde der Natur und der Kunst im Fürstenthume Hildesheim und in der Stadt Goslar" zusammengetragenen Exponate unter dem Namen des Mitbegründers und Förderers Hermann Roemer (1816-1894) in einem Museumsgebäude zusammengefasst.

 

Verwendete Literatur