III Dokumentation und Datensätze

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Regierungsbezirke

 

Kreisdirektion Bautzen (1835-1914)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Die Kreisdirektion Bautzen, die in etwa die Funktion eines Regierungsbezirks hat, wird auf Grundlage der Verordnung vom 6. April 1835 aus der Oberlausitz sowie dem zuvor zum Meißner Kreis gehörenden Amt Stolpen als Mittelbehörde des Königreichs Sachsen gebildet. Regierungssitz ist Bautzen. Im Norden grenzt sie an die preußischen Regierungsbezirke Merseburg und Frankfurt/Oder, im Osten an den preußischen Regierungsbezirk Liegnitz, im Süden an das Kaisertum Österreich und im Westen an die sächsische Kreisdirektion Dresden. Innerhalb der Kreisdirektion befinden sich die österreichischen Enklaven Leutersdorf und Schirgiswalde.

Ende 1835 ist die Kreisdirektion Bautzen in die zwei Amtshauptmannschaften Bautzen und Zittau untergliedert. 1848 werden die von Österreich an das Königreich Sachsen abgetretenen Enklaven Schirgiswalde und Leutersdorf in die Kreisdirektion eingegliedert. 1855 geht Stolpen zurück an die Kreisdirektion Dresden. Ab 1874 nennen sich die Kreisdirektionen Kreishauptmannschaften.

Für die Kreisdirektion Bautzen wird eine Fläche von 46 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 2.474km² für das Jahr 1835. Mit den Ausläufern des Elbsandsteingebirges ist der südliche Teil des Landes gebirgig, der nördliche Teil hingegen ist sehr viel niedriger gelegen und weitgehend eben. Die wichtigsten Flüsse sind Spree und Lausitzer Neiße.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Jahr 1835 liegt die Einwohnerzahl der Kreisdirektion Bautzen bei 259.254. Bis 1871 nimmt sie um 27% auf 330.133 zu und erhöht sich bis 1905 um weitere 29% auf 426.420.

Getreide gedeiht besonders um Bautzen und Zittau, zudem werden Flachs zur Leinengewinnung und Buchweizen angebaut. Gemüsebau und Gärtnerei haben ihren Hauptsitz um Zittau. Die Forstwirtschaft ist bedeutend, herausragend sind die Kiefernbestände. In der Tierzucht überwiegen Rinder-, Pferde-, Gänse- und Bienenzucht. Karpfen, Schleie und Hechte werden in Teichwirtschaften gezogen. In der Oberlausitz gibt es ausgedehnte Braunkohlenlager, vornehmlich in den Einbuchtungen um Zittau, Bautzen und Kamenz. Die Braunkohlenförderung steigert sich von 104.000t im Jahre 1850 auf den 30fachen Wert von 3.281.428t im Jahre 1913. Weitere Bodenschätze sind Torf in der Ebene und Granit im Lausitzer Gebirge.Bedeutend ist die Industrie der Steine und Erden. Steinzeug- und Tonwarenfabriken gibt es in Königsbrück, Kamenz, Pulsnitz und Bautzen, Glas wird in Bischofswerda, Bautzen und Kamenz fabriziert. Die Oberlausitz ist Hauptsitz der sächsischen Leinenindustrie mit den Hauptstandorten in Großschönau, Löbau und Zittau. Berühmt ist die Damastweberei von Großschönau.

1848 besteht ein umfangreiches Chausseenetz. Zentrale Orte sind Bautzen, Löbau und Zittau; von ihnen gehen die Straßen sternförmig in alle Richtungen. Als erste Städte erhalten 1846 Bautzen und Löbau Eisenbahnanschluss an die sächsische Hauptstadt Dresden. 1847 wird die Strecke ins schlesische Görlitz weitergeführt. Zittau ist 1848 angeschlossen. Schiffbare Wasserstraßen gibt es keine.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Geistiges und kulturelles Zentrum ist Bautzen, die alte Hauptstadt der Markgrafschaft Oberlausitz. In der ehemals zur Stadtbefestigung gehörenden Schützenbastei am Lauengraben besteht seit 1796 das Bautzener Theater. 1868 bis 1871 wird das Theater komplett saniert. 1905 erhält das Gebäude den so genannten Rietschelgiebel - ein Figurenrelief, das von dem Bildhauer Ernst Rietschel (1804-1861) für die Dresdner Semperoper angefertigt worden war und nach dem Brand dort keine Verwendung mehr fand. An Bildungsanstalten befinden sich in Bautzen ein Gymnasium, ein evangelisches und ein katholisches Schullehrerseminar, eine Handelslehranstalt, eine landwirtschaftliche Lehranstalt, eine Industrie- und Gewerbe- sowie eine Gartenbauschule.
Auf Anregung des Buchhändlers Oskar Roesger (1843-1910) wird 1860 das "Alterthumsmuseum der Stadt Bautzen" als Regionalmuseum der Oberlausitz eingerichtet. 1912 erhält das zunächst in einer alten Schule untergebrachte Museum einen Neubau am Kornmarkt.
Bautzen entwickelt sich zunehmend zum politischen und kulturellen Zentrum der Sorben: 1847 konstituiert sich in Bautzen die "Macica Serbska" als Verein zur Herausgabe sorbischer Bücher, der sich im Laufe der Jahre zum überkonfessionellen Mittelpunkt sorbischer kultureller und wissenschaftlicher Aktivitäten entwickelt. Im Jahre 1904 eröffnete das Wendische Haus (sorb. Serbski dom) in Bautzen, welches Museum, Archiv und Bibliothek der Macica Serbska sowie eine Bildergalerie beherbergt. Auch andere sorbische Vereine nutzen das Wendische Haus als Versammlungs- und Veranstaltungsstätte.

1932 werden die Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen zur Kreishauptmannschaft Dresden-Bautzen zusammengelegt, die 1939 in Regierungsbezirk Dresden-Bautzen umbenannt wird und bis 1943 Bestand hat. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wird Bautzen nicht mehr Sitz einer Mittelbehörde.

Heute ist Bautzen Sitz des regionalen sächsischen Staatsfilialarchivs, und die Bautzener Ortenburg ist Sitz des sächsischen Oberverwaltungsgerichts. Ab 1946 erfolgt die schrittweise Instandsetzung des während des Zweiten Weltkriegs schwer zerstörten Stadtmuseums. 1991 wird das Museum in "Regionalmuseum der sächsischen Oberlausitz" umbenannt. 1963 werden das Bautzener Stadttheater und das seit 1948 bestehende Sorbische Volkstheater zum Deutsch-Sorbischen Volkstheater zusammengeschlossen.

 

Verwendete Literatur