III Dokumentation und Datensätze

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Regierungsbezirke

 

Starkenburg (1820-1914)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Die Provinz Starkenburg, die in etwa die Funktion eines Regierungsbezirks hat, bildet seit 1803 eine Mittelbehörde des Großherzogtums Hessen-Darmstadt, Regierungssitz ist Darmstadt. Im Norden grenzt sie an das Herzogtum Nassau, die Freie Stadt Frankfurt und das Kurfürstentum Hessen-Kassel. Im Osten liegen der bayerische Untermainkreis und der Main- und Tauberkreis. Im Süden befindet sich der badische Neckarkreis und im Westen das ebenfalls zu Hessen-Darmstadt gehörende Rheinhessen. Zu Starkenburg gehören die zwischen dem badischen und dem württembergischen Neckarkreis liegende Exklave Wimpfen sowie die Exklaven "Flurstück nördlich Rappenau", Finkenhof und Helmhof, die sich im Neckarkreis des Großherzogtums Baden befinden.

Starkenburg gliedert sich 1821 in die zehn Kreise Bensheim, Darmstadt, Dieburg, Erbach, Groß-Gerau, Heppenheim, Lindenfels, Neustadt, Offenbach und Wimpfen. Im Jahre 1874 wird die Zahl der Kreise auf sieben reduziert: Bensheim, Darmstadt, Dieburg, Erbach, Groß-Gerau, Heppenheim und Offenbach. Zwischen 1832 und 1860 übernehmen die Kreisräte wesentliche Aufgaben der Provinzialregierung. Von 1848 bis 1852 ersetzen vier so genannte Regierungsbezirke - Darmstadt, Dieburg, Heppenheim und Erbach - die Kreise.

Für Starkenburg wird eine Fläche von 55 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 3.052km² für das Jahr 1820. An den Grenzen Starkenburgs fließen Rhein, Main und Neckar. Im Südosten ist das Land durch den Odenwald sehr gebirgig und waldreich. An Rhein und Main gibt es sehr fruchtbare Ebenen.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Jahr 1820 liegt die Einwohnerzahl Starkenburgs bei 226.742. Bis 1850 nimmt sie um 41% auf 318.739 zu und liegt 1905 mit 542.996 Einwohnern mehr als doppelt so hoch wie 1820.

Starkenburg ist das waldreichste Gebiet des Großherzogtums Hessen-Darmstadt. Es existiert ein bedeutender Tabakanbau. Bedeutend sind auch der Gemüseanbau in der Gegend von Griesheim, Büttelborn, Biblis, Heppenheim an der Bergstraße und Offenbach sowie der Weinbau bei Rottberg, Bensheim, Pfaffenstein, Heppenheim und Heiligenberg. In der Viehzucht überwiegen Rinder- und Schweinezucht. Bedeutend ist auch die Pferdezucht mit einem Landgestüt in Darmstadt. An Rohstoffen gibt es ausgedehnte Torflager bei Pfungstadt und Eschollbrücken, Marmorbrüche in der Nähe von Auerbach sowie die Saline Ludwigshalle bei Wimpfen. Zentren der Tuchmacherei sind Michelstadt, Erbach und Beerfelden. Von herausragender, auch internationaler Bedeutung ist die in Offenbach angesiedelte Lederfabrikation, insbesondere die Brieftaschen- und Ledermappenherstellung. Die Tabak- und Zigarrenfabrikation ist ebenfalls in Offenbach angesiedelt. Maschinenfabriken gibt es vornehmlich in Offenbach und Darmstadt. In Rüsselsheim stellt die Firma Adam Opel seit 1862 Nähmaschinen, seit 1866 Fahrräder und seit 1898 auch Automobile her. Die Roheisenverarbeitung liegt 1850 bei 447t und erreicht mit 1.871t im Jahre 1859 ihren Höchstwert. Die Stahlproduktion erreicht mit 1.443t im Jahre 1861 ihren Höchstwert.

Die 1848 eröffnete Straßenverbindung von der Freien Stadt Frankfurt über Darmstadt ins badische Heidelberg durchschneidet Starkenburg in Nord-Südrichtung und ist die einzige größere Chaussee. Als erste Stadt erhält Darmstadt 1846 Bahnanschluss über die Main-Neckarbahn an Frankfurt-Louisa und Mannheim bzw. Heidelberg. 1849 ist Offenbach mit Frankfurt-Hauptbahnhof verbunden. Ab 1858 bestehen die Verbindungen Darmstadt-Mainz sowie von Darmstadt ins bayerische Aschaffenburg. 1859 ist Worms und 1871 Erbach an Darmstadt angeschlossen. Schiffbare Wasserstraßen sind Rhein, Main und Neckar. Einen Binnenhafen gibt es in Steinheim am Main.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Geistiges und kulturelles Zentrum ist Darmstadt, das gleichzeitig Landeshauptstadt des Großherzogtums Hessen-Darmstadt ist. Im Jahre 1819 eröffnet das von Hofbaudirektor Georg Moller (1784-1852) entworfene Hoftheater in Darmstadt. Bei einem Brand 1871 wird das Theater bis auf den klassizistischen Portikus und die Außenmauern zerstört. Beim Wiederaufbau 1879 bleiben die Außenmauern erhalten. 1877 wird in Darmstadt die Technische Hochschule gegründet. Sichtbares Zeichen des seit 1899 großherzoglich geförderten Darmstädter Jugendstils ist die Mathildenhöhe am Rande der Stadt.

Während der NS-Zeit wird Starkenburg als Mittelbehörde am 1. April 1937 aufgelöst. Seit 1945 ist die ehemalige Provinz Starkenburg Teil des neuen Landes Groß-Hessen, ab 1949 Bundesland Hessen, und bildet gemeinsam mit der ehemaligen Provinz Oberhessen den bis heute bestehenden Regierungsbezirk Darmstadt.

Bei einem Bombenangriff brennt das Hoftheater 1944 bis auf die Außenmauern und den Portikus fast vollständig aus. Nach jahrelangen Planungen und Renovierungsarbeiten wird schließlich 1992 das Hessische Staatsarchiv Darmstadt im ehemaligen Hoftheater untergebracht. Zu den Beständen zählen die alten Urkunden des Großherzogtums Hessen-Darmstadt und das Großherzogliche Haus- und Familienarchiv. An die kurmainzische Zeit von Ortschaften in dem Gebiet erinnert seit 1986 ein im Schloss Steinheim untergebrachtes Museum. 1990 wird das "Museum Künstlerkolonie" auf der Darmstädter Mathildenhöhe eröffnet.

 

Verwendete Literatur