III Dokumentation und Datensätze

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Regierungsbezirke

 

Regierungsbezirk Wiesbaden (1867-1914)

 

Geschichte/Verwaltung/Geographie

Der preußische Regierungsbezirk Wiesbaden wird auf der Grundlage der Verordnung vom 22. Februar 1867 aus dem 1866 von Preußen annektierten Herzogtum Nassau, der ebenfalls annektierten Freien Stadt Frankfurt sowie den von Hessen-Darmstadt abgetretenen Gebieten Kreis Biedenkopf und Homburger Landesteil der ehemaligen Landgrafschaft Hessen-Homburg eingerichtet. Regierungssitz ist Wiesbaden. 1868 wird die Mittelbehörde der neugebildeten Provinz Hessen-Nassau unterstellt. Im Norden grenzt der Regierungsbezirk an den zur preußischen Provinz Westfalen gehörenden Regierungsbezirk Arnsberg, im Osten an den Regierungsbezirk Kassel, die hessen-darmstädter Provinz Oberhessen und die zur preußischen Rheinprovinz gehörende Enklave Wetzlar-Braunfels, im Süden an die hessen-darmstädter Provinzen Starkenburg und Rheinhessen und im Westen an den zur Rheinprovinz gehörenden Regierungsbezirk Koblenz. Innerhalb des Regierungsbezirks befinden sich mehrere zu Hessen-Darmstadt gehörende Waldstücke.

Der Regierungsbezirk ist 1867 zunächst in die Kreise Dill-Kreis, Ober-Westerwald-Kreis, Unter-Westerwald-Kreis, Ober-Lahn-Kreis, Unter-Lahn-Kreis, Rheingau-Kreis, Wiesbaden-Stadt, Wiesbaden-Land, Unter-Taunus-Kreis, Ober-Taunus-Kreis, Stadtkreis Frankfurt am Main und Hinterland-Kreis untergliedert. Die Kreisordnung vom 7. Juni 1885 hebt noch bestehende nassauische Verwaltungsstrukturen endgültig auf und erweitert die Zahl der Kreise von 12 auf 18. Mit Wirkung vom 1. April 1886 bestehen folgende Kreise: Biedenkopf, Dillkreis, Oberwesterwaldkreis, Westerburg, Unterwesterwaldkreis, Oberlahnkreis, Limburg, Unterlahnkreis, St. Goarshausen, Rheingaukreis, Landkreis Wiesbaden, Untertaunuskreis, Usingen, Obertaunuskreis, Höchst, Landkreis Frankfurt am Main, Stadtkreis Wiesbaden und Stadtkreis Frankfurt am Main.

Für den Regierungsbezirk Wiesbaden wird 1867 eine Fläche von 101 Quadratmeilen angegeben. Der GIS-Wert beträgt 5.570km². Der Regierungsbezirk ist mit Ausnahme der Gebiete um Frankfurt, Wiesbaden und Höchst sowie dem Rheingau- und dem Obertaunuskreis weitgehend gebirgig. Die wichtigsten Gebirgszüge sind Taunus, Westerwald und Hinterländer Bergland. Rund 42% des Gebiets sind bewaldet. Hauptflüsse sind Rhein, Main, Nidda und Lahn.

 

Bevölkerung/Wirtschaft/Verkehr

Im Gründungsjahr 1867 liegt die Einwohnerzahl des Regierungsbezirks Wiesbaden bei 609.176. Bis 1905 hat sie sich auf 1.114.819 fast verdoppelt.

In den fruchtbaren Ebenen und Vorgebirgen gedeihen hervorragender Wein und Äpfel, die wiederum Grundlage für die Wein- und Schaumweinfabrikation sowie die Herstellung des weltberühmten Apfelweins sind. In den Gebirgslagen werden Braunkohlen und vor allem Eisenerz gewonnen. Die Braunkohlenförderung erreicht mit 92.504t im Jahre 1912 einen Höchstwert, die Eisenerzförderung mit 804.755t im Jahre 1872, wobei die Förderquote auch 1913 noch fast bei 800.000t liegt. Große Bedeutung für den Regierungsbezirk haben auch die zahlreichen Mineralquellen, die zum einen zur Flaschenabfüllung zum Anderen als Heilquellen in Bädern genutzt werden. Die reichen Holzvorkommen geben den Rohstoff für die zahlreichen Sägemühlen, Papier-, Spund- und Möbelfabriken. Die wichtigsten Industriestandorte sind Frankfurt/Main und Biebrich. Eine herausragende Bedeutung hat Frankfurt/Main als Finanz- und Handelsplatz.

Der Regierungsbezirk verfügt über ein gut ausgebautes Wegenetz um die Städte Limburg/Lahn, Wiesbaden und Frankfurt/Main. Eisenbahnknotenpunkt ist Frankfurt/Main. Wichtige Strecken führen zudem entlang der Flüsse Main, Rhein und Lahn. Schiffbare Wasserstraßen sind Rhein, Main und Lahn mit den Häfen Oberlahnstein, Braubach, St. Goarshausen, Kaub, Biebrich, Höchst und Frankfurt/Main.

 

Kultur/Territoriale Entwicklung ab 1914/Kulturerbe

Kulturelle Zentren des Regierungsbezirks sind die Wirtschaftsmetropole Frankfurt/Main und die Hauptstadt Wiesbaden. Die kulturellen Einrichtungen des Herzogtums Nassau werden ebenso fortgeführt wie das kulturfördernde Vereinswesen und Mäzenatentum der ehemaligen Freien Stadt Frankfurt. Eine bedeutende Aufwertung erfährt die Stadt Wiesbaden, seitdem sich der deutsche Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) alljährlich zur Kur in Wiesbaden aufhält. Imposante Theaterneubauten wie das 1892 bis 1894 erbaute Hoftheater, in dem seit 1896 alljährlich die internationalen Maifestspiele stattfinden, verdanken ihr Entstehen dem hohen Besuch. In Frankfurt/Main wird 1880 ein monumentales Opernhaus im Stil der Neorenaissance errichtet. Mit der Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt/Main erhält der Regierungsbezirk 1914 eine Universitätsneugründung.

Der bislang zum preußischen Regierungsbezirk Koblenz gehörende exklavierte Kreis Wetzlar wird 1932 an den Regierungsbezirk Wiesbaden angeschlossen. Anlässlich der Auflösung der Provinz Hessen-Nassau 1944 gehen die bislang zum preußischen Regierungsbezirk Kassel gehörenden Kreise Gelnhausen, Schlüchtern sowie Stadt- und Landkreis Hanau an Wiesbaden. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bildet der westliche Teil des Regierungsbezirks Wiesbaden den Regierungsbezirk Montabaur des neu gegründeten Landes Rheinland-Pfalz und der östliche Teil wird ebenso wie der Regierungsbezirk Kassel und Hessen-Darmstadt in das neugebildete Land Hessen eingegliedert. Als neue Hauptstadt wählt die amerikanische Besatzungsmacht das im Vergleich zu Darmstadt weniger zerstörte Wiesbaden. Im Rahmen einer Verwaltungsreform wird der Regierungsbezirk Wiesbaden 1968 aufgelöst und in den Regierungsbezirk Darmstadt integriert.

Das Wiesbadener Theater besteht bis heute und nimmt 1950 auch die Tradition der Maifestspiele wieder auf. Das Frankfurter Opernhaus wird 1944 fast vollständig zerstört. Seit 1953 engagiert sich eine Bürgerinitiative für den Wiederaufbau der Oper. Der Bürgerinitiative gelingt es, die geplante Sprengung abzuwehren und genügend Geld zu sammeln, um 1981 die nun "Alte Oper" genannte Spielstätte wiederzueröffnen.

 

Verwendete Literatur